Anna Jermolaewa bereitet sich als österreichische Biennale-Vertreterin in ungewöhnlichem Ambiente vor

Für die Vorbereitungen ihres Auftritts als österreichische Vertreterin bei der Kunstbiennale in Venedig 2024 wählt Anna Jermolaewa keinen glamourösen Ort im schicken Künstlerviertel, sondern das Fabriksareal in Wien-Simmering als Arbeitsstätte. Ihr Atelier, das sich in diesem Areal befindet, grenzt an die Südosttangente und hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Doch hinter den Toren dieses unkonventionellen Arbeitsraums eröffnet sich eine faszinierende Welt.

Diese Umgebung mag ungewöhnlich erscheinen, aber für Jermolaewa ist sie nicht ganz neu. Märkte haben seit langem einen festen Platz in ihrem Interessensspektrum. Ihre laufende Ausstellung im Museum der Moderne in Salzburg, die Fotos ihrer Serie „Markets“ sowie ihre Videoarbeit „back to the silk routes“ präsentiert, zeigt ihre langjährige Auseinandersetzung mit diesem Thema. In dieser Arbeit reiste sie 2010 in die Heimat von Wiener Flohmarkt-Händlern, um ihre Wünsche zu erfüllen, und dokumentierte die Erfahrungen in einem Video.

Ein faszinierendes Projekt, über das sie erzählt, ist ihre Reise nach Samarkand für die bucharischen Juden aus Usbekistan, die eine der größten Diasporas in Wien bilden. Sie erfüllte ihre Wünsche und dokumentierte dies in einem bewegenden Video, das sie später bei Dr. Falafel auf einer Großleinwand präsentierte. Die emotionale Reaktion des Publikums berührte sie zutiefst.

Jermolaewa betont, dass sie mit Kunst etwas bewirken möchte. So war beispielsweise der Orangentanz, den sie bei einer Single-Party in ihrem früheren Atelier organisierte und als Video bei einer Werkschau im Linzer Schlossmuseum präsentierte, eines ihrer Lieblingsprojekte. Aus der Party gingen zahlreiche Beziehungen hervor, die für sie die eigentliche künstlerische Arbeit darstellen, während das Video lediglich als Dokumentation dient.

Ihre Ansichten über Kunst als politisches Medium teilt sie mit dem deutschen Konzeptkünstler Hans Haacke. Jermolaewa ist sich bewusst, dass ihre Arbeiten politisch sind und versucht, in die Gesellschaft einzugreifen. Für die Kunstbiennale 2024, deren Hauptthema „Stranieri Ovunque – Foreigners Everywhere“ lautet, scheint sie daher ideal zu passen, nicht nur aufgrund ihrer Biografie, sondern auch wegen ihrer künstlerischen Standpunkte und Werke.