Bremst diese Bankenpleite nun die Zinswende?

Am Donnerstag will die EZB über weitere Zinserhöhungen entscheiden, am kommenden Mittwoch die amerikanische Notenbank Fed. Zu früh im Kampf gegen die Inflation nachzulassen wäre gefährlich.

Der Untergang der Silicon Valley Bank (SVB) in den Vereinigten Staaten hat in aller Welt für Bewegung an den Finanzmärkten gesorgt – und insbesondere die Frage aufgeworfen, ob die Notenbanken jetzt bei weiteren Zinserhöhungen vorsichtiger vorgehen werden.

Die Investmentbank Goldman Sachs jedenfalls rechnet mit Auswirkungen auf den Kurs der amerikanischen Notenbank Fed: „In Anbetracht des jüngsten Stresses im Bankensystem erwarten wir jetzt nicht mehr, dass die Fed auf ihrer Sitzung am 22. März eine Zinserhöhung vornehmen wird“, schreiben Goldman-Sachs-Chefvolkswirt Jan Hatzius und seine Kollegen. Das ist aber umstritten.

Auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB) könnten jetzt Stimmen aufkommen, die für einen vorsichtigeren Kurs plädieren. Gleichwohl rechnen EZB-Beobachter damit, dass die Notenbank an diesem Donnerstag auf ihrer März-Zinssitzung die Leitzinsen wie avisiert noch einmal um 0,5 Prozentpunkte erhöhen wird. Schließlich erweist sich die Inflation im Euroraum als recht hartnäckig. Auch der bereits begonnene Abbau der billionenschweren Anleihebestände dürfte beschleunigt werden.

Spannend dürfte werden, was die EZB über ihren weiteren Kurs sowie mögliche Risiken sagen wird.

Inflationsdruck bleibt hoch

Angesichts des nach wie vor hohen Inflationsdrucks werde die EZB das Tempo ihrer Zinserhöhungen kaum verringern, meinte jedenfalls Marco Wagner, EZB-Beobachter der Commerzbank: „Natürlich werden die EZB-Ratsmitglieder auch über die Silicon Valley Bank sprechen – aber dies dürfte sie kaum von der bereits angekündigten Zinserhöhung abbringen.“

Die Finanzmärkte allerdings haben als Reaktion auf die Nachrichten aus Amerika die Erwartung gesenkt, wie weit die EZB bis zum Sommer mit ihren Leitzinsen hochgeht: „Die Märkte erwarten bis Juni nur noch ein Niveau von 3,8 Prozent“, sagte Karsten Junius, Ökonom der Bank J. Safra Sarasin: „Das ist fast ein ganzer Zinsschritt weniger als vergangene Woche.“

Er gehe jedoch davon aus, dass die EZB in dieser Woche bei einer Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte bleibe. „Nach dem hohen Tarifabschluss bei der Post ist das sogar noch mehr gerechtfertigt als vorher“, sagte Junius: „Der Lohndruck nimmt vor allem in Deutschland leider zu – die EZB muss reagieren.“

Derzeit sei in der Tat zu beobachten, dass die Marktteilnehmer in Amerika unter dem Eindruck der aktuellen Entwicklungen ihre Erwartungen über die Geldpolitik der Fed anpassten und ein früheres Ende der Zinserhöhungen antizipierten, sagte Michael Holstein, der Chefvolkswirt der DZ Bank. Er meint aber: „Die Fed dürfte nur dann zinspolitisch reagieren, wenn sich die derzeitigen Probleme weniger amerikanischer Institute auf andere Unternehmen ausweiten.“ Dann könnte auch die europäische Geldpolitik gefordert sein: „Von einer solchen Entwicklung gehen wir aber derzeit nicht aus.“

Die EZB sehe sich jedenfalls äußerst schwierigen Zielkonflikten gegenüber, meinte Fritzi Köhler-Geib, die Chefvolkswirtin der Förderbank KfW: „Einerseits die Straffung schnell und deutlich genug zu vollziehen, um die Inflation zum 2-Prozent-Ziel zurückzubringen, und andererseits Turbulenzen an den Anleihemärkten und in der Wirtschaft zu vermeiden.“ Die angemessene Dosierung zu treffen sei „eher eine Kunst als eine Wissenschaft“, sagte Köhler-Geib.

Finanzkrisenstab tagt

Die Mitglieder des EZB-Rates selbst sind in der Woche vor einer Zinssitzung wie jetzt gehalten, sich nicht zu der bevorstehenden Entscheidung zu äußern, und hielten sich auch zurück. In den zurückliegenden Wochen hatten sich vor allem die „Falken“, die Befürworter einer strafferen Geldpolitik, mit Forderungen nach deutlichen Zinserhöhungen zu Wort gemeldet.

Ende vergangener Woche hatte sich das etwas geändert; Italiens Notenbankchef Ignazio Visco hatte hervorgehoben, die Unsicherheit bleibe weiter hoch: „Ich schätze daher Aussagen meiner Kollegen über zukünftige und anhaltende Zinserhöhungen nicht.“

In Frankfurt ordnete die Finanzaufsicht Bafin am Montag ein Moratorium über die deutsche Zweigstelle der SVB an, um die Vermögenswerte für die Gläubiger zu sichern. „Die Notlage der Silicon Valley Bank Germany Branch stellt keine Bedrohung für die Finanzstabilität dar“, betonten die Aufseher.

Dennoch beriet der nach der Finanzkrise 2008 eingerichtete Finanzkrisenstab der Bundesbank über mögliche Auswirkungen. Die Bundesbank stehe dabei „in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“, hieß es auf Anfrage. Die EZB-Bankenaufsicht plante einem Insider zufolge dagegen kein Notfall-Treffen ihres Aufsichtsgremiums. Die EZB wollte das nicht kommentieren.