Beim zweiten Anlauf könnte bald eine Dreiparteienkoalition in Österreich zustande kommen. Im Januar waren die Gespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS gescheitert. Doch nun sieht es laut Bundespräsident Van der Bellen besser aus.
In Österreich wollen nach monatelangem Stillstand die konservative ÖVP, die sozialdemokratische SPÖ und die liberalen NEOS die neue Regierung bilden. Die Parteichefs haben dies Bundespräsident Alexander Van der Bellen mitgeteilt, wie das Staatsoberhaupt in einer Stellungnahme nach dem Treffen bekannt gab. Er habe das Gefühl, dass die drei Parteien in ihren Gesprächen auf der Zielgeraden seien und kompromissbereiter geworden sind.
Confidence among the parties
Die Spitzenpolitiker der drei Parteien betonten ebenfalls ihre Zuversicht, dass sie offene Fragen klären und somit bald eine gemeinsame Regierung bilden könnten. ÖVP-Chef Christian Stocker erklärte, dass es in intensiven, langen Gesprächen gelungen sei, eine Basis für die Bildung der neuen Regierung zu finden. Er zeigte sich zuversichtlich, dass sie nun die letzten Schritte eines gemeinsamen Regierungsprogramms ausarbeiten könnten.
„Wir beginnen jetzt mit diesem Finalisierungsprozess“, sagte SPÖ-Chef Andreas Babler. Das Ziel sei es, so schnell wie möglich eine stabile und handlungsfähige Regierung zu bilden. Es sei wichtig, staatliche Interessen über Parteinteressen zu stellen, um die großen Herausforderungen gemeinsam lösen zu können. Dafür müsse es eine Kommunikation auf Augenhöhe geben. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger räumte ein, dass einige Fragen noch offen seien. Es gebe jedoch die Bereitschaft und den Willen, die notwendigen Lösungen in weiteren Gesprächen zu finden, so die Liberale.
Die drei Parteien betonten, dass sie kompromissbereit seien, beispielsweise bei der Haushaltskonsolidierung. Dabei wird es voraussichtlich um ein strenges Sparpaket in Höhe von rund 6,4 Milliarden Euro gehen, um ein drohendes EU-Defizitverfahren abzuwenden.
Second attempt for three-party coalition
„sweetheart coalition“ aus ÖVP, SPÖ und NEOS wäre das erste Bündnis der drei Parteien auf Bundesebene. Erste Koalitionsgespräche zwischen den Parteien waren bereits im Januar nach der Parlamentswahl im September gescheitert. Es folgten Verhandlungen zwischen der rechtspopulistischen FPÖ und der ÖVP, die ebenfalls scheiterten. Damit hat Österreich fast fünf Monate nach der Wahl immer noch keine Regierung – so lange musste das Volk seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie auf eine neue Regierung warten.
Van der Bellen hatte kürzlich erklärt, dass es vier Möglichkeiten gebe, wie es weitergehen könnte. Er sprach von Neuwahlen frühestens in einigen Monaten, einer Minderheitsregierung, einer Expertenregierung oder einer Koalition der im Parlament vertretenen Parteien. Am Freitag appellierte das Staatsoberhaupt erneut an alle Parteien, kompromissbereit zu sein und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Lösungen zu finden, sei eine der wichtigsten Aufgaben der Politik. „Denn es geht nicht um einzelne Interessen – es geht um den Staat als Ganzes“, so Van der Bellen.