„Mikroplastikpartikel sind derzeit fast überall zu finden – in Wasser, Lebensmitteln, Fisch und sogar in der Muttermilch“, sagt Artūras Torkelis, Doktorand an der Kaunas University of Technology (KTU). Er betont, dass eine ordnungsgemäße Abfallbewirtschaftung für die Reduzierung dieser Risiken unerlässlich ist.
Die Verwendung von Kunststoff ist in Europa im letzten Jahrzehnt sprunghaft angestiegen. Aktuelle Statistiken zeigen, dass im Jahr 2021 jede Person in der Europäischen Union (EU) durchschnittlich 36 kg Kunststoffverpackungsmüll verursachte. Von den mehr als 16 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungen, die in diesem Jahr anfielen, wurden nur 6,5 Millionen Tonnen recycelt. Das Recycling von Kunststoffen bleibt ein ernstes Problem. Unzureichendes Recycling erhöht nicht nur die Abfallmenge, die auf Mülldeponien, in Verbrennungsanlagen und in der Natur zurückbleibt, sondern trägt auch zur Bildung von Mikroplastik bei, das sowohl die Ökosysteme als auch die menschliche Gesundheit gefährdet.
Um die Situation zu verbessern, könne laut Torkelis der Abfallbewirtschaftungsprozess nicht nur von einer Seite angegangen werden. Da es sich um ein mehrdimensionales Problem handelt, muss der Ansatz umfassend und systemisch sein.
„Es wäre ein Fehler, sich ausschließlich auf die Verbesserung von Recyclingtechnologien oder die Suche nach neuen Methoden zu konzentrieren, ohne wirtschaftliche, ökologische und rechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Dieser Ansatz wird nicht nur das Problem nicht lösen, sondern könnte auch zu Defiziten bei der Berücksichtigung anderer Aspekte führen“, sagt Torkelis .
Um besser zu verstehen, wie externe Faktoren das Recycling von Kunststoffverpackungen beeinflussen, führten KTU-Forscher eine Makroumweltanalyse durch, die sechs Schlüsselbereiche untersuchte: politische, wirtschaftliche, soziale, technologische, ökologische und rechtliche Faktoren.
Herausforderung Nr. 1: Veraltete Abfallbewirtschaftungsvorschriften
Zu den politischen und rechtlichen Faktoren zählen eine Reihe von Gesetzen und Richtlinien zur Regulierung der Entsorgung von Kunststoffverpackungsabfällen. Sie helfen bei der Kontrolle von Produzenten, Abfallentsorgern und Recyclern, reichen aber oft nicht aus, um eine reibungslose und effiziente Abfallbewirtschaftung zu gewährleisten.
Beispielsweise wurde das Kunststoffverpackungsabfallsystem der EU lange Zeit durch die vor 30 Jahren verabschiedete Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle geregelt, die es den Ländern überließ, zu entscheiden, wie sie die gesetzten Ziele erreichen. „Daher waren diese Ziele oft schwer zu erreichen, da die Länder sie auf unterschiedliche Weise umsetzten“, erklärt Torkelis, Doktorand am KTU Institute of Environmental Engineering.
Erst im Jahr 2024 wurde eine neue Verordnung verabschiedet, die bald in Kraft treten und für alle Länder gleichermaßen gelten wird. Dadurch wird ein übersichtlicheres und effizienteres Recycling von Kunststoffverpackungen gewährleistet.
Herausforderung Nr. 2: Recyclingkunststoffe von geringerer Qualität
Im Hinblick auf wirtschaftliche Aspekte betont Torkelis, dass aktuelle Recyclingtechnologien häufig nicht in der Lage sind, hochwertige recycelte Kunststoffe auf kostengünstige Weise herzustellen. Folglich werden recycelte Kunststoffe auf den Weltmärkten zu Preisen verkauft, die zwei- bis dreimal niedriger sind als die von Neukunststoffen.
Darüber hinaus verringert das Überangebot aus China, anderen asiatischen Ländern und Nordamerika die Wettbewerbsfähigkeit recycelter Kunststoffe weiter. Da Neukunststoffe häufig anpassungsfähiger und kostengünstiger sind, bleiben sie für Hersteller die bevorzugte Wahl.
Herausforderung Nr. 3: Die öffentliche Einstellung zum Recycling ist unterschiedlich
Auch wenn die primäre Sortierung, bei der der Abfall sofort in der häuslichen Umgebung nach Typ getrennt wird, effizienter ist als die sekundäre Sortierung, bei der gemischter Abfall nur in Sortierzentren sortiert wird, bleibt es eine Herausforderung, die Menschen dazu zu motivieren.
Ein verbreiteter Mythos besagt, dass sortierter Abfall letztendlich auf Mülldeponien landet oder verbrannt wird, was die öffentliche Motivation zum Recycling untergräbt. „Deshalb sind Bildungsinitiativen, die den Weg des Abfalls von der Sammlung bis zum Recycling zeigen, so wichtig“, sagt Torkelis.
In Litauen hebt der KTU-Experte das Beispiel von Alytus hervor, wo erfolgreiche Präventionsmaßnahmen dazu beigetragen haben, die Einbindung der Bevölkerung zu erhöhen und eine bessere Abfallsortierung sicherzustellen. Allerdings unterscheiden sich Einstellungen und Verhalten in anderen litauischen Städten.
„In Kaunas fällt beispielsweise auf, dass der in Privathäusern gesammelte Müll in der Regel sauberer ist als der Müll aus öffentlichen Containern in Wohnblöcken“, sagt er. Dies zeigt, dass Eigenverantwortung und gesellschaftliche Normen Einfluss auf die Qualität der Sortierung haben.
Herausforderung Nr. 4: Das Recycling von Verbundverpackungen ist eine Herausforderung
Laut Torkelis stellt das Recycling von Verbundverpackungen immer noch Herausforderungen dar, obwohl die Technologien zur Wiederverwertung von Kunststoffverpackungsabfällen ausreichend entwickelt und kontinuierlich verbessert sind.
KTU-Spezialist sagt, dass aktuelle Lösungen oft ineffizient sind – nicht nur technologisch, sondern auch wirtschaftlich und ökologisch, weshalb dem Ökodesign immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird: „Im Fokus steht nicht nur, ob Verpackungen recycelt werden können, sondern auch.“ auf das ursprüngliche Design abgestimmt, um sicherzustellen, dass es leicht zu recyceln oder wiederzuverwenden ist.“
Er ist der Ansicht, dass die Verwendung kombinierter Verpackungen auf Fälle beschränkt werden sollte, in denen sie unbedingt erforderlich sind, beispielsweise bei Arzneimitteln, während in anderen Bereichen, in denen sie häufig aus ästhetischen Gründen gewählt wird, davon abgeraten werden sollte.
Herausforderung Nr. 5: Plastikmüll gelangt immer noch in die natürliche Umwelt
Torkelis geht auf Umweltbelange ein und erwähnt Mikroplastik und die Schäden, die es für die Umwelt und lebende Organismen verursacht. Da Mikroplastik in der Umwelt durch unsachgemäße Entsorgung von Kunststoffabfällen entsteht, muss sichergestellt werden, dass es im gesamten Kunststoffverpackungskreislauf nicht zu einer unkontrollierten Freisetzung von Abfällen in die natürliche Umwelt kommt.
Obwohl die Reduzierung von Kunststoffabfällen ein vorrangiges Ziel bleibt, ist Recycling für die Bewirtschaftung des bereits im Umlauf befindlichen Kunststoffs unerlässlich. Das EU-Ziel, bis 2025 50 Prozent der Kunststoffe zu recyceln, wurde nicht erreicht. Ziel ist es nun, bis 2030 55 Prozent zu recyceln.