Kohlenstoffpartikel kommen in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens vor. Ruß, der aus winzigen Kohlenstoffpartikeln besteht, entsteht, wenn Energieträger wie Öl oder Holz nicht vollständig verbrannt werden. Rußpartikelfilter wiederum entfernen mithilfe chemischer Oberflächenreaktionen die nano- bis mikrometergroßen Partikel aus Autoabgasen. Kohlenstoffpartikel könnten auch in der Industrie eingesetzt werden, denn bei Temperaturen über 1000 Grad Celsius kann Kohlenstoff in Kohlendioxid (CO) umgewandelt werden2) und Wasser in Vorläufer synthetischer Kraftstoffe umwandeln. In beiden Anwendungen sind chemische Reaktionen, die auf der Kohlenstoffoberfläche ablaufen, von entscheidender Bedeutung. Die Bedingungen, unter denen bestimmte Reaktionswege dominieren, sind jedoch nicht vollständig geklärt.
Kohlenstoffpartikel werden durch Stickstoffdioxid und Sauerstoff abgebaut
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie (MPIC) können jetzt besser erklären, was bei der Oxidation von Kohlenstoff-Nanopartikeln im Partikelfilter passiert. Sie untersuchten, was mit den winzigen Rußpartikeln unter Bedingungen passiert, die für Fahrzeugabgase von Dieselmotoren typisch sind. Bei Temperaturen zwischen etwa 270 und 450 °C interagiert der Kohlenstoff mit den reaktiven Gasen Stickstoffdioxid (NO).2) und Sauerstoff (O2). Die Gase oxidieren den Kohlenstoff und bauen ihn so ab. Das Ergebnis: Je höher die Temperatur, desto schneller verschwindet die Kohlenstoffmasse. Anschließend gaben die Forscher die experimentellen Daten in ein kinetisches Mehrschichtmodell namens KM-GAP-CARBON ein.
Die Modellierung enthüllt, was chemisch passiert: Bei niedrigeren Temperaturen wird die Kohlenstoffzersetzung von Stickstoffdioxid dominiert, während sie bei höheren Temperaturen von Sauerstoff dominiert wird. Diese Änderung der vorherrschenden Reaktionswege ist durch eine allmähliche Verschiebung der Aktivierungsenergie gekennzeichnet, die für den Ablauf einer chemischen Reaktion erforderlich ist.
Das chemische Modell stammt aus der atmosphärischen Aerosolforschung
„Unser Modell war ursprünglich dazu gedacht, die Chemie von Feinstaubpartikeln in der Atmosphäre zu beschreiben, aber wir haben festgestellt, dass es auch für technische Hochtemperaturanwendungen sehr gut funktioniert“, sagt Thomas Berkemeier, Erstautor der Studie und Forschungsgruppenleiter am MPIC. „Unser Modell hilft uns zu verstehen, warum der chemische Reaktionsverlauf von der Temperatur beeinflusst wird. Es erklärt auch eine zweite Besonderheit: Bei den Messungen beobachten wir, dass die Reaktionsgeschwindigkeit zu Beginn und am Ende der Reaktion am höchsten ist.“
Das geht aus der kürzlich in der Fachzeitschrift veröffentlichten Studie hervor Angewandte Chemie, Die reaktiveren Kohlenstoffatome auf der Oberfläche der Kohlenstoffpartikel werden zuerst oxidiert und vergast, was zu einer Ansammlung weniger reaktiver Atome auf der Oberfläche führt. Dies führt zunächst zu einer Art Passivierung der Partikel und der Oxidationsprozess verlangsamt sich. „Gegen Ende der Reaktion ist das Verhältnis der Oberfläche der Partikel zu ihrem Volumen besonders groß, weshalb die volumennormalisierte Reaktionsgeschwindigkeit wieder stark ansteigt“, erklärt Berkemeier, der die genaue Struktur der Partikel untersuchen möchte Partikel in der Zukunft mithilfe sowohl mikroskopischer als auch spektroskopischer Techniken zu untersuchen. Darüber hinaus planen der Chemiker und sein Team weitere Studien zur Reaktionskinetik, um die Auswirkungen verschiedener Oxidationsmittel und Bedingungen zu untersuchen.
Grundlagenforschung trägt zur Entwicklung erneuerbarer Kraftstoffe bei
Ulrich Pöschl, Co-Autor und Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie, kommentierte: „Unsere Forschung verbessert nicht nur das Verständnis grundlegender Prozesse auf Kohlenstoff-Nanooberflächen. Sie eröffnet auch neue Wege für technologische Innovationen im Umwelt- und Energiebereich, z Beispielsweise durch Fortschritte bei Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und zur Optimierung der Produktionsbedingungen bei der Entwicklung synthetischer Kraftstoffe. Die Ergebnisse jahrzehntelanger wissenschaftlicher Grundlagenforschung tragen somit auch zu einer nachhaltigen Entwicklung von Technologie und Gesellschaft im Anthropozän bei.
Der Begriff Anthropozän bezeichnet die aktuelle geologische Epoche, die durch den rasch zunehmenden und global allgegenwärtigen menschlichen Einfluss auf den Planeten Erde gekennzeichnet ist und seit ihrer Entdeckung durch den Nobelpreisträger Paul Teil der wissenschaftlichen Aktivitäten und Forschung am Max-Planck-Institut für Chemie ist Crutzen.