Das Legieren, die Kunst, Metalle mit anderen Elementen zu mischen, ist seit langem ein Eckpfeiler der Materialwissenschaft und Metallurgie und schafft Materialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften. Im Gegensatz dazu ist die Ablösung vor allem als korrosiver Prozess bekannt, der Materialien im Laufe der Zeit durch selektives Entfernen von Elementen zersetzt und so ihre Struktur schwächt. Nun haben Forscher am Max-Planck-Institut für nachhaltige Materialien (MPI-SusMat) diese beiden scheinbar gegensätzlichen Prozesse in ein innovatives Konzept der harmonischen Synthese umgewandelt. Ihre Studie, veröffentlicht in der Zeitschrift Wissenschaftliche Fortschrittezeigt, wie Hin und Her harmonisiert werden können, um leichte, nanostrukturierte, poröse, martensitische CO-Legierungen zu erzeugen2-kostenlos und energiesparend.
Die Mikrostruktur metallischer Legierungen wird durch die Anordnung der Atome innerhalb eines Netzwerks definiert, wobei ihre Position und chemische Zusammensetzung entscheidend für die Eigenschaften des Materials sind. Bei der herkömmlichen Trennung werden auf natürliche Weise Atome aus diesem Netzwerk entfernt, was zu einer Verschlechterung führt. Aber das MPI-SusMat-Team stellte eine revolutionäre Frage: Was wäre, wenn wir die Disaggregation nutzen könnten, um nützliche Mikrostrukturen zu schaffen?
„Unser Ziel war es, den Desaggregationsprozess zu nutzen, um Sauerstoff aus der Netzwerkstruktur zu entfernen und die Porosität durch die Bildung und Agglomeration von Sauerstofffehlstellen zu modulieren“, erklärt Dr. Shaolou Wei, Humboldt-Forscherin am MPI-SusMat und Erstautorin der Veröffentlichung. „Diese Methode eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung leichter, hochfester Materialien.“ Im Mittelpunkt ihres Ansatzes steht die reaktive Dampfphasenabschaltung – eine Technik, bei der Sauerstoffatome mithilfe einer reaktiven Gasatmosphäre aus der Gitterstruktur entfernt werden. Bei diesem Prozess „zieht“ die Atmosphäre Sauerstoff an und entzieht ihn gezielt dem Wirtsnetzwerk. Somit besteht die Atmosphäre aus Ammoniak, das sowohl als Reduktionsmittel (durch seinen Wasserstoffgehalt) als auch als interstitieller Stickstoffspender wirkt und freie Räume im Netzwerk füllt, um die Materialeigenschaften zu verbessern. „Diese Doppelrolle des Ammoniaks – Sauerstoff entfernen und Stickstoff hinzufügen – ist eine grundlegende Neuerung in unserem Ansatz, da sie allen Atomen beider Reaktionspartner spezifische Funktionen zuweist“, sagt Professor Dierk Raabe, geschäftsführender Direktor des MPI-SusMat und korrespondierender Autor der Studie.
Vier entscheidende metallurgische Prozesse in einem Schritt
Der Durchbruch des Teams liegt in der Integration von vier entscheidenden metallurgischen Prozessen in einer einzigen Reaktorstufe:
- Oxidzerlegung: Entfernung von Sauerstoff aus dem Netzwerk, um übermäßige Porosität zu erzeugen und gleichzeitig Metallerze mit Wasserstoff zu reduzieren.
- Substitutionslegierung: Fördert die Interdiffusion im festen Zustand zwischen metallischen Elementen nach oder nach der vollständigen Entfernung von Sauerstoff.
- Interstitielle Legierung: Einbringen von Stickstoff aus der Dampfphase in das Wirtsnetzwerk der erhaltenen Metalle.
- Phasenumwandlung: Aktivierung der thermisch induzierten martensitischen Umwandlung, dem gangbarsten Weg zur Nanostrukturierung.
Diese Synthesestrategie vereinfacht nicht nur die Legierungsherstellung, sondern bietet auch einen nachhaltigen Ansatz, indem sie Oxide als Ausgangsmaterialien und reaktive Gase wie Ammoniak oder sogar Abfallemissionen aus industriellen Prozessen verwendet. Durch den Einsatz von Wasserstoff als Reduktionsmittel und Energieträger anstelle von Kohlenstoff entsteht im gesamten Off-On-Prozess CO2-frei und das einzige Nebenprodukt ist Wasser. Die thermodynamische Modellierung zeigt die Machbarkeit dieser Technik für Metalle wie Eisen, Nickel, Kobalt und Kupfer.
Leichtes, nachhaltiges Design durch Mikrostrukturtechnik
Die resultierenden nanostrukturierten porösen martensitischen Legierungen sind dank präziser Mikrostrukturkontrolle vom Millimeter- bis zum Atombereich leichter und fester. Traditionell erforderte das Erreichen einer solchen Porosität zeit- und energieintensive Prozesse. Im Gegensatz dazu beschleunigt die neue Strategie die Bildung von Porosität und ermöglicht gleichzeitig die Einführung interstitieller Elemente wie Stickstoff, die die Festigkeit und Funktionalität des Materials verbessern.
Zukünftige Anwendungen könnten von leichten Strukturbauteilen bis hin zu funktionellen Geräten wie hartmagnetischen Legierungen auf Eisennitridbasis reichen, deren Leistung die von Seltenerdmagneten übertreffen könnte. Mit Blick auf die Zukunft planen die Forscher, ihren Ansatz auf die Verwendung unreiner Industrieoxide und alternativer reaktiver Gase auszuweiten. Dies könnte die Legierungsproduktion revolutionieren, die Abhängigkeit von seltenen Erden und hochreinen Rohstoffen verringern und so den globalen Nachhaltigkeitszielen entsprechen.
Mit dieser innovativen Turn-Off-Strategie demonstrierte das MPI-SusMat-Team, wie das Überdenken traditioneller Prozesse zu transformativen Fortschritten in der Materialwissenschaft führen kann. Durch die Kombination von Nachhaltigkeit mit modernster Mikrostrukturtechnik ebnen sie den Weg für eine neue Ära im Legierungsdesign.
Die Forschung wurde durch ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung an Shaolou Wei, ein European Advanced Research Fellowship an Dierk Raabe und ein Kooperationsstipendium der Max-Planck- und der Fraunhofer-Gesellschaft für das Team finanziert.