Start IT/Tech Elektrische Pilze: Die Biobatterie, die gefüttert werden muss

Elektrische Pilze: Die Biobatterie, die gefüttert werden muss

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Leicht, flexibel und strahlungsbeständig: Organische Solarzellen für den Weltraum

Pilze üben Faszination aus. Dieses Lebensreich, das eher mit Tieren als mit Pflanzen verwandt ist, umfasst eine enorme Vielfalt. Hier ist alles zu finden: von Speisepilzen bis zu Schimmelpilzen, von einzelligen Lebewesen bis zum größten Organismus der Erde, von Krankheitserregern bis zu Superhelden, die Medikamente herstellen. Nun haben Empa-Forscher den Pilzen eine weitere Fähigkeit entlockt: die Stromerzeugung.

Im Rahmen eines dreijährigen Forschungsprojekts, das von der Gebert Rüf Stiftung im Rahmen ihres Förderprogramms Mikroben gefördert wird, haben Forschende des Empa-Labors Zellulose und Holzmaterialien eine funktionierende Pilzbatterie entwickelt. Die lebenden Zellen produzieren nicht viel Strom – aber genug, um beispielsweise einen Temperatursensor mehrere Tage lang mit Strom zu versorgen. Solche Sensoren werden in der Landwirtschaft oder in der Umweltforschung eingesetzt. Der größte Vorteil der Pilzbatterie: Im Gegensatz zu herkömmlichen Batterien ist sie nicht nur völlig ungiftig, sondern auch biologisch abbaubar.

Pilze aus dem Drucker

Streng genommen handelt es sich bei der Zelle nicht um eine Batterie, sondern um eine sogenannte mikrobielle Brennstoffzelle. Wie alle Lebewesen wandeln Mikroorganismen Nährstoffe in Energie um. Mikrobielle Brennstoffzellen machen sich diesen Stoffwechsel zunutze und gewinnen einen Teil der Energie als Strom. Bisher wurden sie hauptsächlich von Bakterien angetrieben. „Zum ersten Mal haben wir zwei Pilzarten kombiniert, um eine funktionierende Brennstoffzelle zu schaffen“, sagt Empa-Forscherin Carolina Reyes. Die Stoffwechselvorgänge beider Pilzarten ergänzen sich: Auf der Anodenseite befindet sich ein Hefepilz, dessen Stoffwechsel Elektronen abgibt. Die Kathode wird von einem Weißfäulepilz besiedelt, der ein spezielles Enzym produziert, das es ermöglicht, die Elektronen einzufangen und aus der Zelle abzuleiten.

Die Pilze werden nicht in die Batterie „eingepflanzt“, sondern sind von Anfang an fester Bestandteil der Zelle. Die Bestandteile der Pilzbatterie werden im 3D-Druck hergestellt. Dadurch können die Forscher die Elektroden so gestalten, dass die Mikroorganismen möglichst einfach an die Nährstoffe gelangen. Dazu werden die Pilzzellen in die Druckfarbe eingemischt. Leichter gesagt als getan: „Es ist schon schwierig genug, ein Material zu finden, in dem die Pilze gut wachsen“, sagt Gustav Nyström, Leiter des Labors für Zellulose und Holzmaterialien. „Aber die Tinte muss sich auch leicht extrudieren lassen, ohne die Zellen abzutöten – und natürlich wollen wir, dass sie elektrisch leitfähig und biologisch abbaubar ist.“

Mikrobiologie trifft Elektrotechnik

Dank der umfangreichen Erfahrung ihres Labors im 3D-Druck weicher, biobasierter Materialien konnten die Forscher eine geeignete Tinte auf Zellulosebasis herstellen. Die Pilzzellen können die Zellulose sogar als Nährstoff nutzen und so dazu beitragen, dass die Batterie nach Gebrauch kaputt geht. Ihre bevorzugte Nährstoffquelle sind jedoch einfache Zucker, die den Batteriezellen zugesetzt werden. „Man kann die Pilzbatterien im getrockneten Zustand lagern und vor Ort durch einfache Zugabe von Wasser und Nährstoffen aktivieren“, sagt Reyes.

Obwohl die robusten Pilze solche Trockenphasen überstehen, stellte die Arbeit mit den lebenden Materialien die Forscher vor einige Herausforderungen. Das interdisziplinäre Projekt vereint Mikrobiologie, Materialwissenschaften und Elektrotechnik. Um die Pilzbatterien zu charakterisieren, musste der ausgebildete Mikrobiologe Reyes nicht nur elektrochemische Techniken erlernen, sondern diese auch an 3D-Drucktinten anpassen.

Die Forscher planen nun, die Pilzbatterie leistungsfähiger und langlebiger zu machen – und nach anderen Pilzarten zu suchen, die sich für die Stromversorgung eignen. „Pilze werden immer noch unzureichend erforscht und genutzt, insbesondere im Bereich der Materialwissenschaften“, sind sich Reyes und Nyström einig.

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