Start IT/Tech Autonomer KI-Assistent zum Aufbau von Nanostrukturen

Autonomer KI-Assistent zum Aufbau von Nanostrukturen

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Die chemische Zusammensetzung eines Materials allein sagt manchmal wenig über seine Eigenschaften aus. Ausschlaggebend ist oft die Anordnung der Moleküle in der atomaren Gitterstruktur oder auf der Oberfläche des Materials. Die Materialwissenschaft nutzt diesen Faktor, um bestimmte Eigenschaften zu erzeugen, indem sie mithilfe von Hochleistungsmikroskopen einzelne Atome und Moleküle auf Oberflächen aufbringt. Dies ist immer noch äußerst zeitaufwändig und die aufgebauten Nanostrukturen sind vergleichsweise einfach.

Mithilfe künstlicher Intelligenz will eine neue Forschungsgruppe an der TU Graz nun den Aufbau von Nanostrukturen auf ein neues Level heben: „Wir wollen ein selbstlernendes KI-System entwickeln, das einzelne Moleküle schnell, gezielt und in der richtigen Ausrichtung positioniert und das alles.“ und das völlig autonom“, sagt Oliver Hofmann vom Institut für Festkörperphysik, der die Forschungsgruppe leitet. Dadurch soll der Aufbau hochkomplexer molekularer Strukturen bis hin zu Logikschaltkreisen im Nanometerbereich möglich werden. Die Forschungsgruppe „Molekülanordnung durch Künstliche Intelligenz“ erhält vom Österreichischen Wissenschaftsfonds eine Förderung in Höhe von insgesamt 1,19 Millionen Euro.

Positionierung mittels Rastertunnelmikroskop

Die Positionierung einzelner Moleküle auf der Oberfläche eines Materials erfolgt mit einem Rastertunnelmikroskop. Die Spitze der Sonde sendet einen elektrischen Impuls aus, um ein Molekül, das sie trägt, abzuscheiden. „Für diesen Schritt benötigt ein Mensch bei einem einfachen Molekül einige Minuten“, sagt Oliver Hofmann. „Aber um komplizierte Strukturen mit potenziell spannenden Effekten aufzubauen, müssen viele tausend komplexe Moleküle einzeln positioniert und das Ergebnis dann getestet werden. Das dauert natürlich relativ lange.“

Ein Rastertunnelmikroskop kann jedoch auch von einem Computer gesteuert werden. Das Team um Oliver Hofmann will nun mithilfe verschiedener Methoden des maschinellen Lernens ein solches Computersystem dazu bringen, die Moleküle selbstständig an die richtige Position zu bringen. Zunächst wird mithilfe von KI-Methoden ein optimaler Plan berechnet, der die effizienteste und zuverlässigste Vorgehensweise beim Bau des Bauwerks beschreibt. Selbstlernende KI-Algorithmen steuern dann die Sondenspitze, um die Moleküle genau nach Plan zu platzieren. „Komplexe Moleküle mit höchster Präzision zu positionieren, ist ein schwieriger Prozess, da ihre Ausrichtung trotz bestmöglicher Kontrolle immer einem gewissen Zufall unterliegt“, erklärt Hofmann. Die Forscher werden diesen bedingten Wahrscheinlichkeitsfaktor in das KI-System integrieren, damit es weiterhin zuverlässig funktioniert.

Nanostrukturen in Form eines Tores

Mit einem KI-gesteuerten Rastertunnelmikroskop, das rund um die Uhr arbeiten kann, wollen die Forscher schließlich sogenannte Quantenkorrale bauen. Hierbei handelt es sich um Nanostrukturen in Form eines Gates, mit denen Elektronen aus dem Material, auf dem sie abgeschieden werden, eingefangen werden können. Die wellenförmigen Eigenschaften der Elektronen führen dann zu quantenmechanischen Interferenzen, die für praktische Anwendungen genutzt werden können. Bisher wurden Quantenkorrale hauptsächlich aus einzelnen Atomen gebaut. Das Team um Oliver Hofmann will sie nun aus komplex geformten Molekülen herstellen: „Unsere Hypothese ist, dass wir dadurch viel vielfältigere Quantenkorrale bauen und so ihre Wirkung gezielt erweitern können.“ Mit diesen komplexeren Quantenkorralen wollen die Forscher Logikschaltungen aufbauen, um deren Funktionsweise auf molekularer Ebene grundlegend zu untersuchen. Theoretisch könnten solche Quantenkorrale eines Tages zum Bau von Computerchips genutzt werden.

Expertise von zwei Universitäten

Für ihr fünfjähriges Programm bündelt die Forschungsgruppe Expertise aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Mathematik, Physik und Chemie. Bettina Könighofer vom Institut für Informationssicherheit ist für die Entwicklung des Machine-Learning-Modells verantwortlich. Ihr Team muss sicherstellen, dass das selbstlernende System die von ihm aufgebauten Nanostrukturen nicht versehentlich zerstört. Jussi Behrndt vom Institut für Angewandte Mathematik wird die grundlegenden Eigenschaften der zu entwickelnden Strukturen theoretisch ermitteln, während Markus Aichhorn vom Institut für Theoretische Physik diese Vorhersagen in praktische Anwendungen übersetzen wird. Für die realen Experimente am Rastertunnelmikroskop ist vor allem Leonhard Grill vom Institut für Chemie der Universität Graz verantwortlich.

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