Nelly will das größte Fintech-Startup im Gesundheitswesen werden. Das Berliner Startup arbeitet bereits mit mehr als 1.200 Arztpraxen in mehreren europäischen Ländern zusammen. Aber es gibt Tausende andere, die von einer Aktualisierung ihrer Verwaltungsabläufe profitieren könnten.
Aus diesem Grund hat Nelly kürzlich in einer von Cathay Innovation zusammen mit Notion Capital angeführten Serie-B-Finanzierungsrunde 50 Millionen Euro (rund 51 Millionen US-Dollar zu aktuellen Wechselkursen) eingesammelt. Auch die bestehenden Investoren b2venture, Lakestar, Motive Ventures und Arc Investors beteiligten sich erneut.
Während viele Branchen vollständig auf digitale Arbeitsabläufe umgestellt haben, erkannte das Gründerteam von Nelly, dass viele Arztpraxen ins Hintertreffen geraten. „Ich ging zum Arzt, ich musste alle meine Daten mit Papier und Stift ausfüllen. Und dann, vier Wochen später, erhielt ich einen dicken Brief mit der Bitte um Zahlung von 120 €“, sagte Niklas Radner, Mitbegründer und CEO von Nelly, gegenüber TechCrunch.
Das Unternehmen startete mit einem Software-as-a-Service-Produkt, das es Arztpraxen ermöglicht, neue Patienten digital einzubinden. Patienten vereinbaren einen Termin und erhalten eine Bestätigungsnachricht per SMS, WhatsApp oder E-Mail mit einem Link. Sie können auf diesen Link klicken und ihre persönlichen Daten und ihre Krankengeschichte eingeben.
„Aber die Realität sieht heute so aus, dass immer noch mehr als 50 % aller Termine nicht digital vereinbart werden. Sie werden telefonisch oder einfach durch den Gang ins Büro vereinbart“, sagte Radner. Deshalb können Patienten auch im Wartezimmer einen QR-Code scannen, um Nellys Portal zu öffnen.
Hinter den Kulissen integriert sich Nelly in bestehende Praxisverwaltungssysteme. Die Daten werden in diesen Altsystemen aktualisiert und gespeichert, so dass Praxen nicht komplett auf ein neues System umsteigen müssen. Diese Steckverbinder werden vom Nelly-Team selbst gebaut oder von Nelly-Partnern entwickelt.
Dieses Integrationssystem fungiert als Rückgrat für den Rest der Produktsuite. „Man könnte sich Nelly beispielsweise als Typeform/DocuSign/Planerin für Arztpraxen vorstellen“, sagte Radner.
Auf der Patientenseite können Patienten zusätzlich zu Online-Buchungs- und Integrationsfunktionen medizinische Termine über Online-Zahlungen oder von Nelly verwaltete Kartenlesegeräte bezahlen. Patienten können auch daran erinnert werden, eine Bewertung auf Google Maps abzugeben.
Was Arztpraxen betrifft, kann Nelly Rechnungen und Inkasso bearbeiten. Dieser Teil kann Arztpraxen erheblich Zeit sparen, da er dazu führen kann, dass weniger Zeit für Zahlungen aus eigener Tasche aufgewendet wird.
Nelly kann auch als Alternative zu einem Firmenbankkonto mit Spesenverwaltungssystem und Firmenkreditkarten genutzt werden. Schließlich bietet Nelly Factoring für die sofortige Zahlung offener Forderungen an.
Diese enge Integration in die Patientenreise und das Backoffice-System der Arztpraxis stellt eine Eintrittsbarriere für andere Fintech-Unternehmen dar. Nelly hat außerdem Datenschutzzertifizierungen durchlaufen. „Wir sind das erste Unternehmen, das in Deutschland digitale Rechnungen im medizinischen Bereich versendet“, sagte Radner.
Das Produkt ist derzeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz erhältlich. Es wurde kürzlich nach Italien ausgeweitet und es sind weitere Länder unterwegs.
„Nelly arbeitet mit den größten DSOs (Zahnarztdienstleistungsorganisationen) in Europa zusammen … Und wir haben den Vertrag für die Colosseum Dental Group gewonnen, die in 11 europäischen Ländern tätig ist. Und sie wollen mit Nelly auf 700 Standorte expandieren“, sagte Radner. „Daher werden wir mit unseren Kunden in weitere Märkte in Europa expandieren.“